Die gegenwärtige Entwicklung der „Besoldungskleinstaaterei“ ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nicht neu. Bereits Ende der 60er Jahre wurde die Notwendigkeit gesehen „die Überwindung dieses allgemein als untragbar angesehenen Besoldungsunterschiedes“, der damals zwischen Bund und Ländern etwa 5 Prozent! betrug, zu beseitigen. Die einzige Lösung war die bundeseinheitliche Besoldung, die bis 2006 Bestand hatte und durch die Föderalismusreform I wieder abgeschafft wurde.
Die Folgen der reföderalisierten besoldungs- und laufbahnrechtlichen Kleinstaaterei treten auch heute deutlich wieder ans Tageslicht und dies bei Besoldungsunterschieden von über 10 Prozent.
Qualifiziertes Personal wandert zu Dienstherren ab, die besser bezahlen und obendrein noch bessere Arbeitsbedingungen bieten können. Raubernennungen sorgen für einen problemlosen Wechsel und Landesbeamte, denen diese Möglichkeit verwehrt wird, nehmen das Wagnis einer Kündigung auf sich, um sich von ihrem unattraktiven Dienstherrn zu trennen.
Diese Entwicklungen kommen besonders drastisch in Berlin zum Vorschein, einem Standort bei dem Bundes- und Landesbehörden in direkter Konkurrenz zueinander stehen.
Der Berliner Politik ist die Problematik bekannt!
Auszug aus der Rede der Volksinitiative vor dem Innen- und Hauptausschuss Ende 2015:
„Qualifizierte Nachwuchskräfte bewerben sich eher in anderen Bundesländern und beim Bund, wo wesentlich besser besoldet wird als in Berlin. Die Aussicht auf Hilfe aus der Politik schwindet, da schon zu viel versprochen wurde, was in der Umsetzung ausblieb bzw. zu lange in der Umsetzung dauert. Der Frust bei den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst sitzt tief und schwankt zwischen Resignation und steigender Wut.
Möglicherweise ist es noch nicht allen Abgeordneten dieser Stadt aufgefallen, dass hier ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch steht und diese explosive Kraft kaum noch eingedämmt werden kann.
Darüber hinaus bitten wir Sie, Ihren Einfluss geltend zu machen und für eine mindestens rechtlich einwandfreie und verfassungsgemäße Alimentation der Beamtenschaft zu sorgen. Dies ist kein Selbstzweck. Würde es entsprechende Zeichen und eine tatsächlich angemessene Besoldungsentwicklung geben, könnte nach Überzeugung der Initiative die Attraktivität des öffentlichen Dienstes insgesamt gesteigert, qualifizierte Bewerber, die derzeit in andere Bundesländer und zum Bund abwandern, zurückgewonnen und damit ein drohender Kollaps des öffentlichen Dienstes – mit den stetig neuen und wachsenden Aufgabenbereichen – verhindert werden.“
Im 4. Offenen Brief an die Abgeordneten in Berlin wurde nochmals auf diese grundsätzliche Problematik hingewiesen: „Vollkommen unbeeindruckt von zunehmenden Korruptionsfällen, katastrophalen Zuständen in den Behörden, mangelnder qualifizierter Bewerberzahlen und den diversen Brandbriefen der Kollegenschaft entschließt sich der Berliner Senat, die Beamtenschaft weiterhin zu demotivieren und die Leistungen nicht in angemessener Weise zu würdigen.“
Z.B.: Zahl der Korruptionsfälle in Berlin gestiegen und Der Rekord sind sieben Wochen – ohne einen freien Tag
In zahllosen Medienberichten wurde dokumentiert, dass offene Stellen in den verschiedensten Behörden nicht mehr besetzt werden können, trotzdem die Einstellungsvoraussetzungen teilweise inflationär vereinfacht wurden. Zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte sind bereit, sich im Land Berlin mit der deutschlandweit schlechtesten Besoldung zu bewerben. Denn die Arbeit in der Hauptstadt ist erheblich umfangreicher und gefährlicher als in anderen Ländern, wofür man dann aber etwa 500 Euro MONATLICH NETTO weniger Lohn erhält als beispielsweise beim Bund oder in manchen Flächenländern. Damit ist Berlin nicht konkurrenzfähig, was der Berliner Senat selbst feststellte.
„Es zeigt sich nämlich in letzter Zeit zunehmend, dass vor allem hochqualifiziertes Personal von Bundesbehörden abgeworben wird.“ (Pressemitteilung vom 14.01.2016 Die Wachsende Stadt weiter voranbringen pdf Personalentwicklung S.16)
Diese schädigenden Auswirkungen für die Bundeshauptstadt und die Bevölkerung dürfen nicht länger toleriert werden! Denn noch mehr als die Beamtenschaft, ist die Berliner Bevölkerung selbst betroffen, wenn Korruption weiter um sich greift, die Behörden Anträge und Anzeigen nicht zeitnah bearbeiten können, die Justiz in der Aktenflut zu ertrinken droht, Hab und Gut und vor allen Dingen körperliche Unversehrtheit nicht mehr wie gewohnt geschützt werden kann, da die Handlungsfähigkeit des gesamten öffentlichen Dienstes in Berlin „auf dem Spiel steht“!
FAZIT:
Nur durch einen Handlungszwang durch das Bundesverfassungsgericht wird sich die Situation in Berlin verändern, da die Politiker FREIWILLIG NICHT Adäquat handeln. Daher appellieren wir erneut an Euch, uns zu unterstützen.
https://www.leetchi.com/c/noch-ohne
Ich bin seit über vierzig Jahren Polizeibeamter in Berlin und das bis heute mit Leidenschaft. Allerdings hatte ich das große Glück, dass ich in den vier Jahrzehnten meine Tätigkeit immer dass tun durfte, von dem überzeugt war, dass es für mich richtig ist. Ich genoss dass Vertrauen der Vorgesetzten, erlebte Wertschätzung und konnte mich persönlich entwickeln, woraus sich für mich ein hohe Berufszufriedenheit entwickelte, die bis heute andauert. Ich sehe aber auch die anderen negativen Beispiele in der Kollegenschaft. Überstunden ohne Ende, freie Tage werden wie selbstverständlich nicht gewährt, Wertschätzung durch Vorgesetzte findet nicht statt, da diese ebenfalls stark unter Druck stehen und die Arbeitsbelastung, die insbesondere auch durch fehlende Mitarbeiter entsteht, irgendwie kompensieren sollen. Wenn man dann noch zur Kenntnis nehmen muss, dass man in der Besoldung im Bundesvergleich ganz hinten steht dafür aber in der Arbeitsbelastung ganz vorn, muss sich niemand wundern, wenn die Krankenstände entsprechend hoch und die Motivation dementsprechend niedrig ist. Wenn dann Politiker fragen warum sich nicht genügend geeignete Bewerber für die Polizei finden, fühlt man sich von diesen nicht nur allein gelassen, sondern empfindet darüber hinaus solch eine Frage als zynisch. Dann muss man sich selbst fragen, wie weit weg sind solche Politiker von der Lebenwirklichkeit.