Die Beschlüsse des OVG Berlin-Brandenburg liegen nunmehr im Volltext vor. Demnach wurde das durch das BVerfG definierte Abstandsgebot, dass sich die Beamtenbesoldung eines A 4 – Beamten (unterste Besoldungsgruppe) vom Niveau der sozialrechtlichen Grundsicherung jedenfalls um 15 % abheben müsse, nicht eingehalten.
Verglichen wurde eine Familie mit zwei Kindern, die Leistungen nach dem SGB II erhielt mit einer A 4-Beamtenfamilie mit zwei Kindern. Die monatlichen Unterschreitungen des Abstandsgebotes betrugen über die Jahre 2009-2016 43,84 – 153,77 Euro. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes wurden damit nicht eingehalten. Im Schnitt wurden der A4-Beamtenfamilie über den gegenständlichen Zeitraum monatlich ca. 120 Euro zu wenig bezahlt.
(Anm.: Nach Auffassung der Klägergemeinschaft sind die vom OVG benutzten Zahlen falsch, so dass die Differenzbeträge noch größer wären, siehe Bericht aus der Verhandlung)
Jahr | Jährliche Unterschreitung |
Monatliche Unterschreitung |
2009 | -954,14 | -79,51 |
2010 | -526,10 | -43,84 |
2011 | -1.717,96 | -143,16 |
2012 | -1.754,98 | -146,25 |
2013 | -1.845,26 | -153,77 |
2014 | -1.783,50 | -148,62 |
2015 | -1.601,58 | -133,47 |
2016 | -1.428,76 | -119,06 |
Quelle: http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de, OVG 4 B 33.12, OVG 4 B 34.12
Ja. Es ist schier unglaublich, wie uns die Berliner Politik vorführt. Angesichts der bisherigen erstinstanzlichen Urteile hatte ich schon den Glauben an Gerechtigkeit verloren. Zum Glück scheinen die Gerichte doch noch zugänglich für Argumente und Fakten zu sein und ich bin fest überzeugt, dass wir recht bekommen vor dem BVerfG.
Dir, lieber Kollege Grashof, kann ich nicht genug danken für deinen unermüdliche Einsatz für uns alle. Und ich bin zuversichtlich… mit der Unterstützung von vielen Kolleginnen und Kollegen werden wir der Berliner Politik ihre Grenzen aufzeigen. Daher von mir ein Appell an alle: unterstützt die Initiative für eine amtsangemessene Besoldung in Berlin. Jetzt!
In der Folgezeit werde ich den Vorlagebeschluss des OVG Berlin-Brandenburg noch genauer unter die Lupe nehmen, doch hier schon einmal zwei WESENTLICHE Kritikpunkte, die zu einem falschen Ergebnis führen:
1. – „Der Senat hat sich ausgehend von dieser Betrachtungsweise dafür entschieden, zur Vereinfachung für jedes Kalenderjahr den Monat Dezember als Referenzmonat auszuwählen und bei seinen Berechnungen auf die in diesen Monat geltenden bzw. ermittelten Werte bzw. Beträge abzustellen.“
WARUM gerade der Monat Dezember? Kann es sein, dass hier zugunsten des Berliner Senats gerade dieser Monat ausgewählt wurde, wohlwissend, dass in Berlin erst ab dem Monat August eine Besoldungserhöhung gewährt wird? Warum wurde nicht der Monat Januar gewählt, in dem auch die Hartz-IV-Sätze angepasst werden (und im Übrigen auch die Diäten steigen)? Warum wurde nicht zumindest ein Jahresmittelwert der Besoldung ausgerechnet, der wesentlich realer das Jahresgehalt der Beamten abgebildet hätte?
2. – „297,06 €“ wurden als monatlicher Aufwand im Jahr 2016 für eine private Krankenversicherung einer VIERKÖPFIGEN BEAMTENFAMILIE berücksichtigt. Bitte wertes OVG sagt mir, welche private Krankenversicherung diese lächerlichen Gebühren verlangt – ich werde SOFORT dahin wechseln! Das ist absurd und stellt weder einen Mittelwert dar, noch auch nur ansatzweise ein Abbild der Realität! Vom Pressesprecher der PKV liegt mir eine Erklärung vor, dass die dem OVG mitgeteilten Daten keine Durchschnittswerte darstellen und auch keinerlei Aussagen bieten, welche Leistungen in den Kosten enthalten sind, da die PKV derlei Aussagen gar nicht treffen kann! Damit sind diese Daten aber vollkommen ohne Aussagekraft und für einen Vergleich nicht heranzuziehen! Wir Kläger haben detaillierte Daten der Krankenversicherung DKV. Auch der Richter Stuttmann, der vom BVerfG als Vergleich angeführt wird, hatte in seinen Berechnungen Durchschnittswerte für sein Bundesland ermittelt, die unseren Daten ähneln.
ALLEINE DIESE BEIDEN KRITIKPUNKTE würden ein vollkommen anderes Ergebnis für die Abstandsberechnungen bringen, hätte das OVG Berlin-Brandenburg versucht, die Realität abzubilden!!!
Gemeinsam mit unserem Rechtsanwalt müssen wir den gesamten Vorlagebeschluss auseinandernehmen. Da findet sich sicherlich noch mehr… Man kann nur im Sinne des Rechts hoffen, dass das BVerwG und später das BVerfG zu einem gerechten Urteil kommen.