Im Folgenden werde ich versuchen, so kurz wie mir möglich, das Geschehen aus der heutigen Verhandlung – aus meiner Sicht – zusammen zu fassen.
Urteil:
Die Besoldung in Berlin ist verfassungswidrig
für die erste Klage A 7 im Zeitraum 2009 – 2016
Die Besoldung in Berlin ist verfassungswidrig
für die zweite Klage A 7 im Zeitraum 2009 – 2013, A 8 2013 – 2016 und A 9 in 2016 (Kläger wurde im Klagezeitraum befördert)
- Nach Berechnungen des OVG ist der vom BVerfG geforderte Mindestabstand der untersten Besoldungsgruppe zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau in KEINEM der o.g. Jahre erfüllt.
- Die Begründungspflicht des Gesetzgebers wurde im Jahr 2016 in Bezug zum Mindestabstand nicht eingehalten.
Daher werden beiden Klagen mit Vorlagebeschluss dem BVerfG übergeben
Hintergrund:
Im Termin waren für die Kläger anwesend: Herr RA Hardtmann und Frau RA´in Müller, die unterstützt wird vom dbb Herrn Köhler – Klagezeitraum 2009 – 2016
(kurze Anmerkung des Unterzeichnenden: Beide Rechtsanwälte haben UNSERE detaillierten Berechnungen erhalten und konnten damit ihre Klagen nach eigenem Dafürhalten ausbauen)
Gemäß der Pressemitteilung des BVerwG reichen bereits in der ersten Prüfstufe zwei deutlich erfüllte Parameter aus, um in die zweite Prüfstufe zu gehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass in Berlin die absolute Untergrenze der Alimentation unterschritten ist, da das Abstandsgebot zur Grundsicherung verletzt ist. Diese Unterschreitung wirkt sich auf ALLE höheren Besoldungsgruppen aus!
Aufgrund der (Anmerkung des Unterzeichnenden: „überaus senatsfreundlichen“) Berechnungen des OVG kam man eigentlich zu dem Ergebnis, dass drei Parameter in den Klagejahren nicht erfüllt wären und auch nur in einigen Jahren zwei der Parameter erfüllt seien. Dies hing auch damit zusammen, dass man erst mit der Erfahrungsstufe 5 in der Beamtenbesoldung berechnete und auch die Kosten der Krankenversicherung für eine Beamtenfamilie sehr niedrig angesetzt wurden. Das OVG räumte heute ein, dass sich deren Sichtweise durch das neue Urteil des BVerfG vom 23.05.2017 und dem neuen Urteil des BVerwG vom 22.09.2017 verändert hat, da die dortige Rechtsprechung Berücksichtigung finden musste.
Da angeblich nach wie vor keine detaillierten Hinweise zu den Berechnungsarten und den heranzuziehenden Daten (insbesondere bei der Feststellung zur Berechnung des Mindestabstandes) vorliegen würden, kann die Berechnung des OVG Berlin-Brandenburg nur EIN Hinweis sein, wie eine Berechnung erfolgen KÖNNTE. Man erwarte eindeutige Vorgaben letztendlich vom BVerfG, um die vielen Unsicherheiten ausgeräumt zu erhalten.
Vom OVG wurde eine Berechnungstabelle aufgerufen, die für uns Zuschauer nicht zu erkennen war. Deutlich wurde aber erneut, dass bestimmte Daten – aus meiner Sicht – jeder Realität entbehren. Herr RA Hardtmann wurde von mir gebeten, diese Tabelle uns bzw. unserem RA zur Verfügung zu stellen, um die Fehler bei dieser OVG-Berechnung herauszuarbeiten.
Herr RA Hardtmann kritisierte in der mündlichen Verhandlung mehrere dieser Datenerhebungen, insbesondere die fehlerhaften Zahlen der PKV (Privatkassenärztlichen Vereinigung), wie auch die unzulängliche Berücksichtigung der Pflegepflichtversicherung. Wie mir mitgeteilt wurde, hatte das OVG nur einen Betrag von ca. 800,00 € als Krankenversicherungskosten für die gesamte Beamten-Familie IM JAHR berücksichtigt. Das wäre – aus meiner Sicht – absolut ABSURD und widerspräche jeder Realität.
Trotz dieser überaus senatsfreundlichen Berechnungsgrundlage musste festgestellt werden, dass die geforderten 15 % Abstand zum Grundsicherungsniveau von einer Beamtenfamilie mit zwei Kindern in Besoldungsgruppe A 4, Erfahrungsstufe 1 IN KEINEM der Klagejahre eigehalten wurde!
Dies wirkt sich auf alle Besoldungsgruppen aus, zumindest aber auf die hier verhandelten Besoldungsgruppen.
Überdies sind die prozeduralen Anforderungen in Berlin nicht erfüllt. Bereits in dem Urteil zur Professorenbesoldung vom 14.02.2012 spätestens aber in dem Urteil des BVerfG zur Beamtenbesoldung im November 2015 wurde deutlich, welche Anforderungen für den Besoldungsgesetzgeber bestehen, um ein verfassungsgemäßes Gesetz zu verabschieden. Das Besoldungsgesetz im Land Berlin im Jahr 2016 genügt diesen Anforderungen NICHT, da genau die Prüfung bezüglich des Mindestabstandes zum Grundsicherungsniveau nicht erfolgte.
Das ist ein WEITERER Grund für eine Verfassungswidrigkeit im Land Berlin.
Meinung des Unterzeichnenden:
Wenngleich auch erneut das Land Berlin sowohl in der Gegenwart aus auch in der Vergangenheit der Verfassungswidrigkeit überführt wurde, so bedarf es unserer akribischen weiteren Arbeit auch dem Bundesverfassungsgericht aufzuzeigen, dass die Berechnungen des OVG Berlin-Brandenburg in mehreren Punkten fehlerhaft ist und damit zu falschen Ergebnissen kommt. Die Realität ist nämlich weitaus schlimmer, als es das OVG mit seinen „geschönten“ Daten heraus stellt. Für diese Arbeit haben wir jedoch noch große Anstrengungen zu bewältigen, die gemeinsam mit unserem Rechtsanwalt zu erbringen sind.
Daher möchte ich noch einmal darauf aufmerksam machen, dass noch einiges an Finanzmitteln fehlt, um diesen Kampf für ALLE Beamten dieser Stadt zum Ende zu bringen, auch wenn uns der BDK noch einmal mit 5.000,00 € Soforthilfe unterstützt. Vielen Dank dafür noch einmal an dieser Stelle!
Hier die entsprechenden links zur Unterstützung:
https://www.leetchi.com/c/noch-ohne
André Grashof, Berlin, den 11.10.2017
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