Referentenentwurf-BerlBVAnpG-2024-2026-Stand-13.05.24
Ein Besoldungsgesetz wird nicht dadurch besser oder gar verfassungsgemäß, nur weil Sachwidrigkeiten immer wieder neu aufgelegt werden. Der vorliegende Referentenentwurf zeigt deutlich, dass nach wie vor keinerlei Interesse seitens des Berliner Senats daran besteht, sich an die Verfassung zu halten und darin also die direktiven Vorgaben des BVerfG zu respektieren (weshalb diese Zeilen auch dem BVerfG zur Kenntnis gelangen). Vom Entwurf weitgehend wiederholte Sachwidrigkeiten wurden wiederkehrend als solche nicht zuletzt durch das Verwaltungsgericht Berlin gekennzeichnet, was gleich exemplarisch gezeigt werden soll.
Es fehlt demzufolge weiterhin die grundlegende Achtung vor unseren rechtsstaatlichen Prinzipien, wenn in Berlin trotz Kenntnis der verfassungsrechtlichen Vorgaben erneut ein gezielt sachwidriger Entwurf für ein Besoldungsgesetz vorgelegt wird. Wie bereits der Deutsche Richterbund Berlin in der Vergangenheit darstellte, sind diese Verhaltensweisen demokratiegefährdend und aus meiner persönlichen Sicht im zunehmenden Maße rechtsstaatsgefährdend.
Aufgrund meiner derzeitigen persönlichen Situation habe ich nicht die Kraft, den im Kern ein weiteres Mal verfassungswidrigen Entwurf in vollem Umfang zu kommentieren, möchte jedoch die wiederkehrende Dreistigkeit – erneut einen eindeutig verfassungsbrechenden Gesetzentwurf vorzulegen – nur an einem exemplarischen Beispiel deutlich machen.
Der Senat führt in seiner Begründung der von ihm zugrunde gelegten kalten Unterkunftskosten aus:
„Das BVerfG hat in seinem Beschluss 2 BvL 4/18 bei der Ermittlung der Kosten der Unterkunft auf die von der Bundesagentur für Arbeit übermittelten Werte des 95 %-Perzentils für die Partner-Bedarfsgemeinschaften mit zwei Kindern zurückgegriffen. Vorliegend wurden die Kosten der Unterkunft jedoch abweichend vom 95 %-Perzentil der Bundesagentur für Arbeit anhand der von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales im Rundschreiben Soz Nr. 3/2023 bekannt gegebenen aktuellen Richtwerte für die Höhe der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft (Bruttokaltmiete) bestimmt. […] Das 95 %-Perzentil ist zur Bestimmung der Kosten der Unterkunft im Vergleich weniger geeignet, da die von der Sozialverwaltung bekannt gegebenen Werte die Realität der gewährten Sozialleistungen besser wiedergeben. Durch die Heranziehung dieser Werte ist die Vorgabe des BVerfG der Orientierung an tatsächlich gewährten Leistungen der sozialen Grundsicherung gewahrt.“
Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 04. Mai 2020 – 2 BvL 4/18 – Rn. 55 ff. (vgl. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html) hinsichtlich der Berliner Unterkunftskosten das 95 %-Perzentil als sachgerecht betrachtet und es deshalb zur Bemessung der Berliner Verhältnisse herangezogen. Es hat dabei zugleich festgestellt: „Die nachfolgenden Ausführungen stellen keine für den Besoldungsgesetzgeber in jeder Einzelheit verbindliche Berechnungsgrundlage dar. Ihm stünde es insbesondere frei, die Höhe des Grundsicherungsniveaus mit Hilfe einer anderen plausiblen und realitätsgerechten Methodik zu bestimmen“ (Rn. 53). „Realitätsgerecht“ heißt dabei, dass eine andere Methode dabei zwangsläufig zu keinen signifikant anderen Ergebnissen führen kann als die vom Bundesverfassungsgericht herangezogene. Das für 2024 hochgerechnete 95 %-Perzentil beträgt für Berlin im Jahr 2024 monatlich 1.182,- € (ich danke Torsten Schwan für seine Anmerkungen und unsere Besprechung). Der Senat legt auf Basis seiner Methode jedoch kalte Unterkunftskosten in Höhe von nur 828,- € zugrunde. Die kalten Unterkunftskosten werden also in „guter“ Tradition Berliner Besoldungsgesetzgebung ein weiteres Mal evident unzureichend bemessen, nämlich um mehr als 350,- € oder rund 30 % zu gering betrachtet.
Die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin hat in seiner Entscheidung vom 16.06.2023 – 26 K 128/23 –, Rn. 217 ff. die wiederkehrend evident sachwidrige Bemessung der Unterkunftskosten durch den Besoldungsgesetzgeber kritisiert, indem es hervorhob:
„Die Einwände des Besoldungsgesetzgebers gegenüber dem 95 %-Perzentil-Kriterium in der Begründung zum BerlBVAnpG 2021 verfangen nicht (AbgH-Drs. 18/3285 v. 6.1.2021, S. 38). Sofern er pauschal ‚nicht nachvollziehbare Erhöhung[en]‘ ab 2017 moniert, ist auf die um die statistischen Verzerrungen bereinigte Berechnung der Bundesagentur für Arbeit zu verweisen, die hier zugrunde gelegt wird und keine außergewöhnlichen Erhöhungen im Vergleich zu den Vorjahren zeigt (vgl. oben). Ferner substantiiert der Besoldungsgesetzgeber in keiner Weise, weshalb der vom Bundesverfassungsgericht zugrunde gelegte Maßstab des 95 %-Perzentil-Kriteriums generell ‚keine aussagekräftige Vergleichsgröße‘ darstelle. Zwar steht es dem Gesetzgeber frei, die Höhe des Grundsicherungsniveaus mit einer anderen plausiblen und realitätsgerechten Methodik zu bestimmen (BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020 – 2 BvL 4/18 –, juris, Rn. 53), jedoch überzeugt der in der Begründung zum BerlBVAnpG 2021 enthaltene Ansatz zur Bestimmung der Unterkunftskosten nicht. Der dortige pauschale Verweis auf den mietspiegelbasierten Wert angemessener Aufwendungen für eine Unterkunft aus den Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 35 und 36 SGB XII der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (AV-Wohnen) zuzüglich eines Zuschlags von 10 % (AbgH-Drs. 18/3285 v. 6.1.2021, S. 38) ist nicht geeignet, um den Grundsicherungsbedarf zum Zwecke der Überprüfung des Mindestabstandsgebots realitätsgerecht abzubilden: So ist insbesondere nicht erkennbar oder substantiiert dargelegt, dass zu den Werten der AV-Wohnen bzw. bei deren Erhöhung um 10 % eine ausreichende Zahl zumutbarer Wohnungen im Stadtgebiet verfügbar wäre (vgl. BSG, Urt. v. 3.9.2020 – B 14 AS 37.19 R –, juris, Rn. 31ff.; SG Berlin, Urt. v. 22.1.2022 – S 37 AS 9515/19 –, juris, Rn. 52: ‚Unter der fehlerhaften Annahme, ein mietspiegelbasiertes [nur in sich schlüssiges] Konzept belege das Vorhandensein einer ausreichenden Zahl zumutbarer Wohnungen, die zu den gewichteten Mietspiegeldaten angemietet werden können, wurde in Berlin jahrelang ein Kostenregime bestätigt, das sich immer mehr von den realen Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt entfernte – obwohl es schon unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des 32. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg [Urteil vom 31.1.2018 – L 32 AS 1223/15] und der IBB-Wohnungsmarktberichte seit 2013 offenkundig war, dass im gesamten inneren Stadtgebiet zu den Werten der AV-Wohnen nur wenige Wohnungen angeboten wurden bei einer weitgehenden Koinzidenz von Angebots- und Neuvertragsmiete.‘; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg Urt. v. 30.3.2023 – L 32 AS 1888/17, BeckRS 2023, 6211, Rn. 71ff. bzgl. 2015 und 2016). Anlage 1 Ziffer 4 AV-Wohnen 2022 hält dennoch daran fest, ‚bei der Ermittlung verfügbaren Wohnraums auf den qualifizierten Mietspiegel ab[zustellen]‘. Die dem Gericht vorliegenden Daten weisen vielmehr auf das Gegenteil hin: So lagen im Dezember 2016 bei 46,3 % der Bedarfsgemeinschaften im Land Berlin die tatsächlichen Unterkunftskosten über den in der AV-Wohnen festgelegten Angemessenheitswerten (Antwort der Senatsverwaltung vom 19. Juli 2017 auf eine schriftliche Anfrage, AbgH-Drs. 18/11700, Anlage 1). Im Dezember 2017 lag die Bruttokaltmiete bei 27,3 % der SGB II-Bedarfsgemeinschaften über den Richtwerten der AV-Wohnen (vgl. Wohnraumbedarfsbericht Berlin – Endbericht 2019 – der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, S. 50, 52). Es ist weder erkennbar noch vorgetragen, dass sich an diesem Befund im Laufe der streitgegenständlichen Jahre etwas geändert hätte. Die methodische Herangehensweise bei der Überprüfung der Amtsangemessenheit der Alimentation muss entsprechend dem Regelungszweck des Besoldungsrechts – der sich vom Sozialleistungsrecht unterscheidet – davon bestimmt sein, sicherzustellen, dass die Nettoalimentation in möglichst allen Fällen den gebotenen Mindestabstand zu dem den Empfängern sozialer Grundsicherung gewährleisteten Lebensstandard wahrt (BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020 – 2 BvL 4/18 –, juris, Rn. 52). Diesem Ziel dient der Rückgriff auf das 95 %-Perzentil-Kriterium besser, da hiermit ein Betrag zugrunde gelegt wird, mit dem der weitaus größte Anteil der Besoldungsempfänger tatsächlich in der Lage ist, eine angemessene Wohnung zu bezahlen. Sofern die Gefahr besteht, dass ein Wert ‚in einer größeren Anzahl von Fällen‘ nicht ausreichen würde, bildet er kein taugliches Kriterium im Rahmen der Alimentationsprüfung (BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020 – 2 BvL 4/18 –, juris, Rn. 52). Die Behauptung des Besoldungsgesetzgebers, die Beträge in der AV-Wohnen stellten sicher, ‚die Kosten der Unterkunft des weitaus größten Teils der beamteten Dienstkräfte abzubilden‘, bleibt (auch bei deren Erhöhung um 10 %) – nicht zuletzt angesichts der nachvollziehbaren Bedenken in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung gegenüber den Werten in der AV-Wohnen – unsubstantiiert (vgl. oben; zur Bedeutung der Verfügbarkeit von Wohnraum zur Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten ausführlich Schifferdecker, info also 2021, 245). Auch der Verweis des Besoldungsgesetzgebers darauf, dass die Werte der AV-Wohnen die tatsächlichen durchschnittlichen Mietkosten einer vierköpfigen Bedarfsgemeinschaft überstiegen (vgl. AbgH-Drs. 18/3285 v. 6.1.2021, S. 38), vermag hieran nichts zu ändern: Diese Aussage lässt den Einfluss deutlich unterhalb des Mietspiegels liegender „Altmieten“ unberücksichtigt und erlaubt keine Rückschlüsse auf die heutige preisliche Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums.“ (Rn. 221)
2021 hatte der Gesetzgeber die „berlinspezifischen“ kalten Unterkunftskosten mit 777,- € ausgewiesen (vgl. LT-Drs. 18/3285 v. 06.01.2021 S. 77; https://www.drb-berlin.de/fileadmin/Landesverband_Berlin/Dokumente/Besoldung_Mustervorlage/Anlage_K_8_-_AH-Drs_18-3285.pdf) und war damit um rund 290,- € unterhalb des entsprechenden 95 %-Perzentils geblieben, um so wie von Geisterhand ebenfalls rund 30 % zu geringe kalte Unterkunftskosten auszuweisen. Nachdem ihn das Verwaltungsgericht im letzten Jahr nun auf seine evident sachwidrigen Postulate aufmerksam gemacht hat, zuvor das Bundesverfassungsgericht ihn direktiv auf eine realitätsgerechte Gesetzgebung verwiesen hat und es ihn seit dem letzten Jahr die Möglichkeit zur Stellungnahme gibt, wieso Senat und Gesetzgeber wiederkehrend wissentlich und willentlich, also zielgerichtet, verfassungswidrig handeln, gibt der Senat nun eine weitere spezifische „Stellungnahme“ ab, wieso er so handelt. Der spätere Jurist Kurt Tucholsky hat bereits 1907 in seinem ersten veröffentlichten Text alles Notwendige solcher Art von Handlungen gesagt. Die Heizkosten postuliert der aktuelle Entwurf heute mit 173,23 €. Nach der vom Bundesverfassungsgericht als realitätsgerecht betrachteten Methodik sind dahingegen für 2024 Heizkosten in Höhe von 280,57 € zugrunde zu legen (vgl. zur Methodik in der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dort die Rn. 62 f.). Zu solchen entsprechend auch hier nicht realitätsgerechten Methodiken hat das Verwaltungsgericht Berlin in der genannten Entscheidung ausgeführt:
„Sofern in der Gesetzesbegründung zum BerlBVAnpG 2021 ein anderer Ansatz zur Ermittlung der Heizkosten vertreten wird (Gewichtung nach berlinspezifischer Verteilung der Energieträger und Abstellen auf ‚typische‘ Gebäudefläche von 501-1000 m², vgl. AbgH-Drs. 18/3285 v. 6.1.2021, S. 39), überzeugt dies nicht. Der Besoldungsgesetzgeber erläutert nicht, weshalb dieser Ansatz gegenüber demjenigen in der Alimentationsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorzuziehen sein sollte. Insbesondere verkennt er – wie im Rahmen der Bestimmung der Unterkunftskosten (vgl. oben bbb)) – Folgendes: Die Ermittlung des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs soll gewährleisten, dass die Nettoalimentation in möglichst allen Fällen den gebotenen Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau wahrt. Dies ist bei dem vom Bundesverfassungsgericht entwickelten und hier zugrunde gelegten Ansatz – Abstellen auf den Höchstwert des Heizspiegels im Vergleich aller Energieträger und Gebäudegrößen – eher gewährleistet als bei dem Ansatz des Besoldungsgesetzgebers. Letzterer führt in keiner Weise weiter aus, inwiefern ausgeschlossen ist, dass der durch seine ‚berlinspezifischen‘ Gewichtungen ermittelte Durchschnittsbetrag ‚in einer größeren Anzahl von Fällen‘ zur Deckung der Heizkosten nicht ausreichen würde, was aber die realitätsgerechte Bestimmung des Grundsicherungsniveaus gerade fordert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.5.2020 – 2 BvL 4/18 –, juris, Rn. 52).“ (Rn. 225)
Legt man nun das hochgerechnete 95 %-Perzentil für 2024 zugrunde, dann kommt man auf kalte Unterkunftskosten von 1.182,- € und nicht wie der Senat in seiner evident sachwidrigen Bemessung auf 828,- €. Die warmen Unterkunftskosten sind am aktuellen Heizspiegel zu bemessen und führen zu monatlichen Heizkosten in Höhe von 280,57 € und nicht, wie es der Senat weiterhin auf der S. 75 des Entwurfs gezielt sachwidrig vollzieht, auf 173,23 €. Die realitätsgerechten Unterkunftskosten betragen entsprechend 1.462,57 € und nicht 1.001, 23 €, die der Senat zugrunde legt (- 31,5 %). Die Mindestalimentation wird allein auf dieser Grundlage bereits um mehr als 530,- € pro Monat zu gering bemessen. Unabhängig davon, dass der neue in § 40a geregelte ergänzende Familienzuschlag grob verfassungswidrig ist, was auch in diesem Senat jeder weiß, ist die Mindestalimentationshöhe wie gehabt zielgerichtet verfassungswidrig und also in evidenter Weise eklatant zu niedrig bemessen worden.
Wenn also der Berliner Senat und der Besoldungsgesetzgeber wie beschrieben in Kenntnis der Verfassungswidrigkeit in vorliegender Weise handeln, so muss hier eine rechtsstaatsgefährdende Haltung unterstellt werden, auf die in ähnlich gelagerten Fällen Prof. Dr. Dr. Battis hingewiesen hat (vgl. seine gutachterliche Stellungnahme im sächsischen Gesetzgebungsverfahren vom 07.10.2022 S. 13 unter: https://www.sbb.de/fileadmin/user_upload/www_sbb_de/pdf/2022/GK_und_FK/Stellungnahmen/StN_Battis_4_Gesetz_dienstr_Vorschriften_10_2022.pdf). Inwiefern sich ein solches Handeln von Exekutive und Legislative wiederum in einem Rechtsstaat auf die ausführenden Organe (Polizei und Justiz) auswirken könnte, wird der Fantasie aller Leser/innen überlassen. Dass auch der derzeit amtierende Finanzsenator die verfassungswidrigen Hintergründe sehr genau kennt, wird schon allein auf den Umstand zurückgeführt, dass eine gutachterliche Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Dr. Battis zur Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit der Berliner Besoldung der Öffentlichkeit gegenüber unterdrückt wird, welches die CDU noch in ihrer Oppositionszeit in Auftrag gegeben hat.
Meine Sicht der Dinge: Dieser Referentenentwurf ist eine Schande für unsere rechtsstaatlichen Errungenschaften. Wir feiern das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes, aber selten zuvor wurden die darin enthaltenen Grundsätze unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung so schändlich durch so viele politische Verantwortliche in den Dreck gezogen.
André Grashof – www.Berliner-Besoldung.de – Berlin, den 24.05.24
Guten Morgen,
könnte mir bitte Jemand nochmal eine Erklärung für die Familienzuschläge geben?
Was passiert, wenn man nach dem 31.10.2024 den Bund der Ehe eingeht? Entfällt dann der Zuschlag und man bekommt gar keine Zuwendung mehr?
Würde man aktuell heiraten, bekommt man ja dann FZ Stufe 1 und wird ab dem 01.11. zur Hälfte auf das Grundgehalt angerechnet und wird mit jeder Gehaltserhöhung weniger (so lese ich das jedenfalls raus).
Danke und freundliche Grüße
Warum macht der Senat so ein Geheimnis um den Gesetzentwurf?
Wo kann man nachlesen, dass der Familienzuschlag 1 demnächst entfällt? Das sind doch bestimmt Fake-News?
https://www.berliner-besoldung.de/wp-content/uploads/2024/05/Referentenentwurf-BerlBVAnpG-2024-2026-Stand-13.05.24.pdf
Seite 22
Seite 50
Wer mit Stichtag 31.10.2024 keinen Anspruch auf den FZ Stufe 1 (Verheiratetenzuschlag) hatte, erhält diesen bei späterer Eheschließung nicht mehr.
Die bisher diesen Zuschlage Beziehenden erhalten eine Ausgleichzahlung im Rahmen des Bestandschutzes, wobei die Zulage mit jeder linearen Erhöhung abgeschmolzen wird.
Für alle zukünftig Verheirateten bedeutet diese Regelung ein Einkommensverlust.
Wichtig sind nur die eigenen Taschen, die man sich selbst stetig füllt, und dem Pöbel ein paar Brotkrumen… Genau so ist das nunmal, wenn man Rechtlos ist!
besten Dank
Hallo André,
ich wünsche dir alles Gute.
Unabhängig der – wie von dir dargelegt – realitätsfernen Berechnungen zur Mindestalimentation stößt bitter auf, dass im Referentenentwurf
verschiedenste Regelungen getroffen werden, die uns allesamt benachteiligen.
Das System mit den Familienergänzungszuschlägen in Abhängigkeit von Besoldungsgruppe sowie dem Einkommen des Partners ist skandalös.
Der Arbeitsmarkt braucht dringend Fachkräfte und im öD wird das Leistungsprinzip de facto außer Kraft gesetzt. Die familienbedingten Zuschläge minimieren sich nämlich oder fallen ganz weg, wenn der Beamte aufgrund einer Ernennung, da er ein Amt mit mehr Verantwortung übernimmt, in eine höhere Besoldungsgruppe aufsteigt. Durch diese Praxis wird der besoldungsgruppenübergreifende Abstand egalisiert. Dies gilt entsprechend auch, wenn der Partner des Besoldungsempfänger berufstätig ist, anstatt zu Hause zu bleiben. Es lohnt sich also nicht, mehr Verantwortung zu übernehmen. Geschweige denn macht es sich in der Haushaltskasse einer Beamtenfamilie finanziell bemerkbar, wenn der Partner des Beamten auch arbeitet. Dies gilt insbesondere, wenn der Partner in Teilzeit einer Beschäftigung nachgeht.
Es ist wahrlich unfassbar dreist, mit welchen Taschenspielertricks der Senat von CDU und SPD uns glauben lassen will, dass er sich
für seine Beamten einsetzt und verstanden habe, dass er in die Zukunft des öD investieren muss.
Bsp: A 10, Stufe 5 (alle Werte vorbehaltlich gültig ab Februar 2025), Polizeibeamter, verheiratet und 2 Kinder, Partner(in) ist berufstätig, daher kein weiterer Familienergänzungszuschlag
Bund: (aktuelle Besoldungstabelle)
4.337,08 EUR Grundgehalt ohne allgemeine Amtszulage
228 EUR Polizeizulage
317,66 EUR Familienzulage Stufe 2
146,38 EUR Familienzulage 2. Kind
= 5.029,12 EUR (bei 41 Stunden Wochenarbeitszeit)
Berlin: (Berechnung gem. vorgesehener Erhöhungen und bei Beibehaltung FZ Stufe 1)
4100,67 EUR Grundgehalt ohne allgemeine Amtszulage (nach Aufschlag der 200 EUR Sockelbetrag + 6,26 % lineare Erhöhung)
150,10 EUR Familienzuschlag Stufe 1
150 EUR Hauptstadtzulage
162,92 EUR Polizeizulage
128,39 EUR Familienzulage Stufe 2
128,39 EUR Familienzulage 2. Kind
= 4.820,47 EUR (bei 40 Stunden Wochenarbeitszeit)
Berlin: (Berechnung gem. vorgesehener Erhöhungen und nach Abschaffung FZ Stufe 1)
4180,72 EUR Grundgehalt ohne allgemeine Amtszulage (nach Aufschlag der 200 EUR Sockelbetrag + 75,05 EUR = 1/2 FZ Stufe 1 alt + 6,26 % lineare Erhöhung)
70,35 EUR (1/2 FZ Stufe 1 alt als Besitzstandswahrung abzgl. von 4,65 EUR = Verringerung um den Betrag der linearen Erhöhung von 6,26 %)
150 EUR Hauptstadtzulage
162,92 EUR Polizeizulage (nach Erhöhung um 6,26 %)
128,39 EUR Familienzulage Stufe 2
128,39 EUR Familienzulage 2. Kind
= 4.820,77 EUR (bei 40 Stunden Wochenarbeitszeit)
Das Grundgehalt ist durch den Wegfall des Familienzuschlags Stufe 1 zwar höher, wodurch sich der Abstand zum Grundgehalt beim Bund von 236,41 EUR auf 156,36 EUR verringert. Die Bruttosumme incl. der Zuschläge ist in beiden Rechenbeispielen aber trotzdem nahezu gleich.
Hinzu kommt jedoch, dass zukünftig, also nach November 2024, verheiratete Beamte die besitzstandswahrende Ausgleichszahlung nicht mehr erhalten. Deren Bruttoeinkommen incl. Familienzuschlägen verringert sich damit sogar auf ca. 4750 EUR.
Selbst nach dem ersten „Angleichungsschrittchen“ klafft in der Geldbörse des Berliner Polizisten mit A 10, Stufe 5 im Vergleich zum Bund eine Lücke von rund 190 EUR brutto. Sofern der Berliner Beamte nicht verheiratet ist, dennoch zwei Kinder zu versorgen hat, oder erst nach dem
November 2024 heiratet, erhöht sich der Gehaltsabstand zum Bund sogar auf ca. 260 EUR brutto.
Der Senat wird sich hingegen den Abstand schön rechnen.
Vielen Dank Fragender,
ja, es kommen soooo viele „Unterthemen“ zusammen bei der Besoldung. Und die Kreativität unseres Berliner Senats und der Politiker nur keine verfassungsgemäße Besoldung zahlen zu müssen, kennt scheinbar keine Grenzen. All das ist eine unfassbare Schande in einem Rechtsstaat.
Meine Hoffnung ruht einzig und alleine noch auf dem BVerfG. Möglicherweise reicht es ja auch den Richterinnen und Richtern dort, wie rechtsstaatsgefährdend verfahren wird. Schauen wir mal…
Alles Gute, André
Danke André. Danke für deine Mühen und deine Ausdauer.
Für deine persönliche Situation wünsche ich Dir nur das Beste und viel Kraft.
Viele Grüße
Oliver
Vielen Dank Norrin Radd, es kostst tatsächlich immens Kraft, diese inakzeptablen Verhaltensweisen unseres Berliner Senats und der Politiker immer und immer wieder an den Pranger zu stellen. Auch Dir alles Gute, André