Während die SPD-Führung noch für den kommenden Parteitag überlegt, wie sie mit dem Antrag „You get what you pay“ (1771/I/2018) umgeht und nicht müde wird darzulegen, warum die Finanzierung einer rechtmäßigen Besoldung nicht möglich ist, fordert die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus mit ihrem Antrag „Bezahlung der Berliner Verwaltungsmitarbeiter auf Bundesniveau anheben!“ (Drucksache 18/1372) zumindest bis zum 1. Dezember 2018 ein Realisierungs- und Finanzierungskonzept ein.
Bereits im letzten Jahr konnte die CDU-Fraktion durch Handeln nachweisen, dass bei ihr der ureigene sozialdemokratische Grundsatz „Gleicher Lohn, für gleiche Arbeit“ besser verinnerlicht ist, als im Rahmen der Haushaltsdebatte die Anpassung der Berliner Besoldung an das Bundesniveau gefordert wurde.
Derweilen geht das falsche Spiel auf Zeit auf Seiten des SPD-geführten Senates weiter. Dies vermutlich in der Hoffnung, dass die sicherlich mittelfristig kommende Rezession und die Schuldenbremse in naher Zukunft als Grund für Besoldungsstagnation und -kürzungen herhalten können.
Mit der Vorlage des Zweites Gesetz zur Änderung des Sonderzahlungsgesetzes (2. SZÄndG) wird die vorsätzlich Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Beschluss vom 17.11.2015 – 2 BvL vom 17.11.2015 u.a. -) zum Abstandsgebot erneut dokumentiert. Obwohl in den Stellungnahmen der Spitzenverbände und Berufsverbände, des vorsitzenden Richters Dr. Stuttmann (der in den Urteilen des BVerfG zitiert wurde) und auch des Urteils des BVerwG auf das rechtswidrige Abschmelzen der Abstände zwischen den Besoldungsgruppen hingewiesen wird, werden diese Einwände schlichtweg ignoriert.
Unser Aktionsbündnis hatte bereits im 11. Offenen Brief an die Abgeordneten aller Fraktionen diese Thematik angesprochen und auf das unzulässige Abschmelzen der Abstände der Besoldungsgruppen hingewiesen. Das hehre Ziel der sozial gerechteren Besoldung von unteren Besoldungsgruppen bis A9, wie in der Pressemeldung der Senatskanzlei vom 23.10.2018 dargestellt, steht nachweislich im Gegensatz zum verfassungsrechtlich garantierten Alimentationsprinzip.
Das BVerfG führt dazu aus: „Verfassungsrechtlich bedenklich ist im Lichte des Abstandsgebots auch eine alimentationsbezogene Schlechterstellung höherer Besoldungsgruppen durch eine zeitversetzte und/oder gestufte Inkraftsetzung der Besoldungserhöhung für Angehörige dieser Besoldungsgruppen als Ausdruck einer sozialen Staffelung. Der Besoldungsgesetzgeber entfernt sich dabei regelmäßig von der verfassungsrechtlichen Vorgabe, die Bemessung der Alimentation – für alle Beamten – an der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und dem allgemeinen Lebensstandard zu orientieren.“ (Rn. 91, 2 BvL vom 17.11.2015) – auch Richter Dr. Stuttmann weist auf das verfassungsrechtliche Abstandsgebot hin (https://www.berliner-besoldung.de/aktuelles/dr-stuttmann-exklusiv-beck-online-artikel/ s. dazu auch: BVerfG, NVwZ 2017, 1689 Rn. 75 mwN.)
Kurzum der Verfassungsbruch wird mit der Vorlage der 2. Änderung des Sonderzahlungsgesetzes erneut dokumentiert bzw. noch weiter als bereits im Vorjahr verstärkt!
Jetzt liegt es in der Hand der anderen Fraktionen des Abgeordnetenhauses im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu intervenieren und mit sehr deutlichen Worten eine Rückkehr zu einem verfassungsrechtlich einwandfreien Weg zu fordern.
Mal eine Frage ?
Müller, der Senat, wer auch immer, möchte den Mindestlohn für Berlin anheben.
Hätte das eine Auswirkung wegen des Abstandsgebot in der laufenden Klage ?
Hallo BigSir,
vermutlich sprechen Sie hier den verfassungsrechtlich geforderten Mindestabstand der Besoldung der niedrigsten Besoldungsgruppe in einem Bundesland zum Hartz-IV-Niveau an. Die aktuellen Diskussionen zur Anhebung der Hartz-IV-Sätze hat Auswirkungen und führt dann dazu, dass auch die untersten Besoldungsgruppen neu berechnet werden müssten. Da es aber auch ein verfassungsrechtlich verbrieftes Abstandsgebot auch zwischen den Besoldungsgruppen gibt, welches NICHT eingeebnet werden darf, müssen auch ALLE anderen Besoldungsgruppen mit angehoben werden, sofern die unterste Gruppe angehoben wird. Das missachtet unser Berliner Senat derzeit. Die vorliegende Klage beim BVerfG bezieht sich auf einen bestimmten Zeitraum. Aktuelle Änderungen (erneute Rechtsbrüche des Senats) müssten eventuell neu eingeklagt werden, sofern Rot-Rot-Grün nach einem Urteil des BVerfG nicht bereit sein sollte, auch die aktuelle Situation endlich zu ändern. Das ignorante Verhalten der verantwortlichen Politiker trotz aller Hinweise aus den verschiedensten Institutionen ist unfassbar, aber offenbar ein Zeichen unserer heutigen Zeit. Daher ist es wichtig, dass unsere Initiative auch weiterhin unterstützt wird, so dass diesen Politikern immer wieder ein Spiegel vorgehalten wird!
Alles Gute, André Grashof
Danke für die Ausführliche Antwort.
Kurz gefasst von mir….nur Hartz-IV ist ausschlaggebend für das Abstandsgebot.
Jede Erhöhung von Mindestlohn, egal ob Berlin im Alleingang oder Bundesweit, findet keine Beachtung.
Hab verstanden.
Wie hoch ist denn der durchschnittliche Stundenlohn von A4 Stufe 1 ? Gibt es allgemein zu den Stundenlöhnen irgendwelche Tabellen ?
Hallo noch einmal an BigSir,
leider kann ich auch diese Frage nicht mit einem Satz beantworten.Wir haben es bei den Berechnungen mit einem äußerst komplizierten Thema zu tun und bewegen uns zum Teil auf absolutem rechtlichen Neuland. Einiges gibt es an Vorgaben in älteren Urteilen des BVerwG und des BVerfG, anderes ist aber noch nicht höchstrichterlich geregelt. Dazu gehört der durchzuführende Vergleich Sozialhilfe- zur Beamtenfamilie und die dabei heranzuziehenden Kriterien. Insbesondere Berechnungen der Krankenversicherungskosten, steuerliche Aspekte und Hilfskriterien wie z.B. die Anerkennung der unterschiedlichen Kosten BVG und Sozialticket sind noch nicht durch die Bundesverfassungsrichter im Detail vorgegeben worden. DAFÜR kämpfen wir derzeit und hoffen, dass unsere Darstellung Berücksichtigung findet. Auf unserer Homepage unter dem Karteireiter „Daten und Fakten“ befindet sich die Tabelle „A 4 Stufe 2 für 2014“, die aufzeigt, wie eine Berechnung aus unserer Sicht zu erfolgen hat (diese Sichtweise wird übrigens auch von anderen mit dem Thema befassten Richtern geteilt). Eine Umrechnung in einen Stundenlohn für A 4 ist dabei nicht verlangt bzw. nicht vorgesehen. Daher kann ich hier mit einer Info nicht dienen, hoffe aber, dass die Tabelle ein wenig weiterhelfen kann. Beste Grüße, André Grashof