Nachdem sowohl das OVG Berlin-Brandenburg, als auch das BVerwG bereits im Jahr 2017 festgestellt hatten, dass das Land Berlin u.a. gegen die prozeduralen Anforderungen bei den Besoldungsgesetzen verstößt, die seit dem Jahr 2014 auch für das Land Berlin gelten, werde ich nachfolgend aus laienhafter Sicht eine Bewertung des neuen Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der Besoldung und Versorgung für das Land Berlin 2021 und zur Änderung weiterer besoldungsrechtlicher Vorschriften (BerlBVAnpG 2021) vornehmen.
Mir liegt dafür der Entwurf des Senats von Berlin SenFin – P 6810-3/2020-2-1, gerichtet an das Abgeordnetenhaus Berlin (bestehend aus 113 Din-A-4-Seiten) vor.
ALLGEMEINES:
Einführend zu meiner Bewertung kann ich feststellen, dass viele Passagen aus dem Urteil des BVerfG zur damals verfassungswidrigen Situation im Land Sachsen aus dem Jahr 2015 Einzug gefunden haben, in den vorliegenden Besoldungsgesetzentwurf. Leider jedoch sind die jeweils nachfolgenden Entscheidungen und die „Begründung“, NICHT im Sinne der Anforderungen des BVerfG formuliert, sondern in etlichen Passagen rechtlich unbegründet und absolut willkürlich! Das Ausmaß dieser – aus meiner Sicht – erneut eindeutig verfassungswidrigen Entscheidungen und Formulierungen ist durchaus als erheblich zu bezeichnen und einem Entwurf für ein Gesetz absolut unwürdig!
Es ist zu hoffen, dass die Einwände von dbb, DGB, HPR zu diesem Entwurf deutlicher ausfallen, als zum letzten Besoldungsgesetz von 2019/2020, zu dem einzig der GPR der Polizei auf die eindeutigen Rechtsfehler hingewiesen hatte. Aus meiner Sicht könnten die beteiligten Gewerkschaften und Personalverbände verhindern, dass erneut ein verfassungswidriges Gesetz im Land Berlin zum Nachteil der gesamten Beamtenschaft verabschiedet wird.
IM DETAIL:
Seite 2 von 113:
Angeblich erfolgt die Besoldungsanpassung entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen. Im gesamten Besoldungsgesetzentwurf sind jedoch keinerlei Entwicklungsdaten im Vergleich aufgeführt, die dem Erfordernis der festgelegten prozeduralen Ansprüche an ein Besoldungsgesetz genügen könnten. Sowohl vom OVG Berlin-Brandenburg, als auch vom BVerwG wurde das Land Berlin in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass hier gegen die prozeduralen Erfordernisse verstoßen wird und damit ein Verfassungsverstoß vorliegt, der noch vom BVerfG bestätigt werden muss. Erneut kümmern sich die Verantwortlichen jedoch in keiner Weise um diese Urteile und verfahren weiterhin entgegen der Richtersprüche.
Der angeführte Senatsbeschluss vom 15. Mai 2018 (Nr. S-1159/2018) soll rechtfertigen, was im vorliegenden Gesetzentwurf unbegründet niedergeschrieben wird. Diesem Senatsbeschluss gingen zum Teil manipulativ erstellte Berechnungen voraus, die bereits im Jahr 2018 heftig von uns (www.Berliner-Besoldung.de) kritisiert wurden. Weiterhin finden sich auch dort keine qualitativ geeigneten Berechnungen, die sich mit der Realität messen lassen.
Weiterhin weist man auf die Anpassungszeitpunkte der Besoldungserhöhung für 1. April 2019 und 01. Februar 2020 hin, wie auch zum 01. Januar 2021. Wie auch schon in den Besoldungsgesetzen zu früheren Zeitpunkten sind diese Anpassungszeitpunkte absolut willkürlich gewählt. Auch die damals benannten Zeitpunkte August bzw. Juni sind an keiner Stelle begründet. Damit dürfte klar sein, dass sie vollkommen willkürlich festgelegt wurden und rein fiskalisch motiviert sind. Durch die zeitlich verzögerte Besoldungsanpassung ergeben sich jedoch finanzielle Nachteile für die Beamtenschaft, was in der Vergangenheit auch bereits durch das statistische Landesamt Berlin-Brandenburg bestätigt wurde. In diesem Zusammenhang wurden auch für den vorliegenden Entwurf keine Berechnungen beigefügt, die eine konkrete Verringerung des Abstands zum Durchschnitt der übrigen Länder aufzeigen könnten.
Allein die Formulierung „der übrigen Bundesländer“ dürfte darauf hinweisen, dass der Entwurf die Bundesbesoldung unberücksichtigt lässt. Dies scheint aber gerade aufgrund des Prinzips der Bundestreue, das im Land Berlin besondere Bedeutung hat, rechtlich unhaltbar zu sein.
Gemäß 2015-Urteil des BVerfG muss zusätzlich ein Vergleich auch mit der Bundesbesoldung erfolgen. Die verfassungswidrige Abstandsgrenze zur Bundesbesoldung wird auch im vorliegenden Besoldungsgesetzentwurf noch immer nicht korrigiert (im Jahr 2019 beträgt z.B. der Abstand zur Besoldung Bund bei A 13 noch immer knapp 7.000,00 €. Überdies hatte Sen Fin mit Stand Dezember 2017 selbst einräumen müssen, dass der Abstand zur Bundesbesoldung noch immer über 10 % liegt – Antwort von Sen Fin zur Frage 3 u. 4 der Drucksache 18/14927 vom Mai 2018). Dessen ist man sich offensichtlich sehr bewusst, so dass dieser Vergleichsfaktor absichtlich ausgenommen werden soll, um das Ergebnis zu beschönigen.
Weiterhin wird angeführt, dass es seit dem Jahr 2006 keine prozentualen Erhöhungen der Stellen- und Erschwerniszulagen gab. Wenn man beabsichtigt hätte, eine adäquate Anpassung vorzunehmen, so wäre eine Neuberechnung unter Berücksichtigung der Inflationsrate seit dem Jahr 2006 erforderlich gewesen. Auch dies hat man unterlassen und eine willkürliche Erhöhung im letzten Besoldungsgesetz beschlossen, die sich in der monatlichen Nettobesoldung nur marginal niederschlägt und kaum einen Ausgleich zu einer weiteren Nullrunde bei diesen Zulagen bietet.
Seite 4 von 113:
Die Hauptstadtzulage wird angesprochen. Es handelt sich hier aber um eine steuerpflichtige Zulage, die nur den aktiven Beamtinnen und Beamten zuteilwird, offenbar verrechnet wird mit dem Firmenticketzuschuss und jederzeit – von heute auf morgen – wieder gestrichen werden kann. Diese Zulage wird vermutlich dazu genutzt, um eine Besoldungserhöhung zu dokumentieren, was aber trügerisch ist, da sie nicht pensionswirksam ist und wie bereits gesagt, jederzeit gestrichen werden kann, sofern es den Regierenden beliebt. Erinnert sei an die extreme Kürzung der Sonderzahlung im Dezember, die im Jahr 2003 zum Jahresende hin erfolgte und bis heute nicht in vollem Umfang wiederhergestellt ist.
Seite 6 von 113:
Nach einer Auflistung von „Maßnahmen“ zur Anpassung an den Länderdurchschnitt wird pauschal behauptet, den aktuellen Entwicklungen der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse Rechnung zu tragen.
Eine solche pauschalierte Aussage, ohne auch nur ein Berechnungsbeispiel beizufügen ist in einem Besoldungsgesetz fehl am Platz.
Auch das BVerwG hatte in seinen Vorlagebeschlüssen sehr eindeutig darauf hingewiesen, dass im Land Berlin die Vergleichssituation bei der Abstandsberechnung zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung weitaus schlechter ausfällt, als es das BVerfG damals für das Land Sachsen festgestellt hatte und bereits dort als verfassungswidrig diagnostizierte.
Wenn das Land Berlin feststellen möchte, dass die Anpassung der Besoldung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse Rechnung getragen hätte, dann müsste man eine BERECHNUNG durchführen, die einen mindestens 10-jährigen Vergleichszeitraum beinhaltet und die fortlaufende Indexentwicklung verfolgen. Nur dann kann festgestellt werden, welche prozentuale Anpassung tatsächlich notwendig wäre, um sich der Entwicklung angepasst zu haben! Eine solche Berechnung wurde mit Absicht nicht durchgeführt, da hierdurch sehr eindeutig nachzuweisen wäre, dass die Anpassung auch in 2021 NICHT geeignet ist, um das gezogene Fazit zu erreichen.
Die Besoldungsgesetze in anderen Ländern weisen derartige Berechnungen auf, so dass es durchaus Vergleichsmöglichkeiten gegeben hätte, die man berücksichtigen müsste, um verfassungsrechtlich einwandfrei zu handeln.
Seite 7 von 113:
Die hier genannte Überleitung von der Besoldungsgruppe A 4 in A 5 dient vermutlich einzig dem Zweck, den Mindestabstand zu Hartz IV herzustellen. Jedoch wird auch hier keine Berechnung dargestellt, die dies untermauern könnte. Denn daraus würde sich ergeben, dass diese Maßnahme NICHT ausreicht.
Seite 13 von 113:
„Die Erhöhungen nach § 2 Absatz 1 und 3 gelten entsprechend für 5. die Leistungsbezüge für Professorinnen und Professoren“ – dieser Umstand ist bemerkenswert, da gerade die Professorenbesoldung vor einigen Jahren (2015) getrennt angepasst wurde und eine starke Erhöhung erhielt, die sogar rückwirkend bis Januar 2013 ausgezahlt wurde, um sie der wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen. DIESE Anpassung wurde der Beamtenschaft NICHT zuteil. OHNE diese starke Anhebung wird jetzt aber einheitlich die Erhöhung beschlossen und alle sind damit wieder an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst? Wie geht das denn? Scheint mir vollkommen absurd – eine unglaubliche und offensichtliche Benachteiligung der gesamten Beamtenschaft
Seite 17 von 113:
Kurze Bezugnahme auf das Sonderzahlungsgesetz – hier muss darauf hingewiesen werden, dass die gewählten Sonderzahlungen in unterschiedlicher Höhe je nach Besoldungsgruppe absolut willkürlich gewählt wurden. Es gibt auch hier keine einzige Berechnung, die über einen mehrjährigen Zeitraum dargestellt werden müsste. Daraus würde sich nämlich ergeben, dass der Senat durch die Aufweichung der verfassungsgemäß vorgegebenen Abstandsgrenzen innerhalb der Besoldungsgruppen einen weiteren rechtswidrigen Verstoß begeht. Dieser Umstand wurde in anderen Bundesländern vom BVerfG bereits gerügt, was den Berliner Senat jedoch ebenfalls nicht bekümmert.
Demzufolge werden diese verfassungsrechtlichen Vorgaben durch den Besoldungsgesetzgeber missachtet, indem unterschiedlich hohe Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld) in den Besoldungsgruppen A 4 – A 9 und ab A 10 – A 16 gezahlt werden. Diese Sonderzahlungen sind zwar kein fester Bestandteil der Besoldung, müssen aber bei der Besoldungshöhe berücksichtigt werden. Nachgewiesen wurde durch die Interessengemeinschaft www.Berliner-Besoldung.de bereits, dass mit dem letzten Besoldungsanpassungsgesetz die verfassungsrechtlich vorgegebenen Abstandsgrenzen innerhalb der Besoldungsgruppen verletzt wurden. So wird innerhalb dieses neuen Entwurfs bereits angekündigt, mit dieser widerrechtlichen Prozedur fortzufahren.
Seite 26 ff. von 113:
In der „Begründung“ zum Besoldungsgesetz wird auf das letzte Besoldungsanpassungsgesetz verwiesen. Unerwähnt bleibt selbstverständlich, die überdeutliche Kritik des OVG Berlin-Brandenburg und auch des BVerwG, die beide im Jahr 2017 festgestellt hatten, dass die Besoldungsgesetze im Land Berlin NICHT den prozeduralen Anforderungen genügen, was den Verantwortlichen seit dem Jahr 2014 bekannt ist! Auch wenn andere Bundesländer diesem Umstand Rechnung getragen haben und ihre Gesetze mit Begründungen und Berechnungen versehen, so wie es vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird, so bleibt sich das Land Berlin seiner verfassungswidrigen Linie treu und verachtet weiterhin alle Vorgaben der Gerichte!
Theoretisch wird zwar alles vorgetragen, was das BVerfG und das BVerwG in den Urteilen und Vorlagebeschlüssen fordern, aber letztendlich kommt man im Land Berlin zu Ergebnissen, die die Anforderungen in keiner Weise erfüllen.
Hätte man u.a. den letzten Absatz der Seite 26 wirklich verinnerlicht, dann wäre es zwingend notwendig gewesen, seine Entscheidung zur Anhebung der Besoldung mittels einer Indexberechnung im Vergleich mit der Privatwirtschaft und den Tariflöhnen zu untermauern. Da man dann aber zu demselben (für das Land Berlin niederschmetternden) Ergebnis gekommen wäre, wie das BVerwG, unterließ man auch diese rechtlich zwingend notwendige Berechnung.
Wenn man aber keine Berechnungen durchführt, kann man halt auch nur aus einem Gefühl heraus „davon ausgehen“ die vom BVerfG geforderten Wertmaßstäbe zu erfüllen (s. z.B. S. 30 von 113). Dass das keine Grundlage für ein Gesetz sein kann, sollte auch jedem wenig mit der Materie befasstem Politiker klar sein!
Seite 27 von 113:
NICHT der Senatsbeschluss vom 15. Mai 2018 ist das Maß aller Dinge, dem man sich nähern muss, sondern die Einhaltung der Vorgaben des BVerwG und des BVerfG. Ohne vergleichende Berechnungen kann man aber eben NICHT feststellen, ob man sich tatsächlich erfolgreich anpasst… auch der Hinweis auf die Evaluierungsklausel hilft wenig, wenn keinerlei Gegenüberstellung der Berechnungsdaten erfolgt, die einen Entwicklungszeitraum von mehreren Jahren umfassen sollte – und bei dem Vergleich der Länderbesoldungen auch die Bundesbesoldung einschließen muss.
Von daher ist das erneute Fazit an dieser Stelle: „Damit wird den aktuellen Entwicklungen der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unter Berücksichtigung der insbesondere in Folge der Corona-Krise angespannten Haushaltslage Berlins Rechnung getragen.“ auch vollkommen falsch. Wo sind die notwendigen Indexberechnungen über einen Zeitraum von 10 – 15 Jahren, die als Vergleich heranzuziehen sind?
Letzter Absatz: „Die Festlegung der Besoldungshöhe durch den Gesetzgeber ist an die Einhaltung prozeduraler Anforderungen geknüpft. Diese Anforderungen treffen ihn insbesondere in Form von Begründungspflichten …..“
Dies also zur theoretischen Situation, die offensichtlich bekannt ist. WARUM also, wird dem dann nicht Rechnung getragen? Es reicht halt nicht aus, nur zu erklären, dass man davon ausginge, die Anforderungen zu erfüllen, ohne auch nur eine einzige Berechnung im Gesetz darzustellen.
Seite 28 von 113:
Festgestellt wird, dass die ENTWICKLUNGEN der Parameter 1 – 5, aufgestellt durch das BVerfG, im Rahmen von Besoldungsanpassungen zu prüfen sind. Betrachtet wird aber nur das Jahr 2021 und man stellt fest, dass eine Abkopplung nicht gegeben wäre… so wird im Folgenden auch nur für 2019 bis 2021 die Nominallohn-, Verbraucherpreis- und Preisniveauentwicklung, wie auch die vierteljährliche Verdienst Erhebung betrachtet, NICHT ABER die vom BVerfG geforderte langfristige Entwicklung mit Indexberechnung!
Seite 29 von 113:
Bereits beginnend auf Seite 28 von 113 wird detailliert ausgeführt, was bezüglich des systeminternen Besoldungsvergleichs zu berücksichtigen ist. So schreibt man nieder, dass auch eine zeitlich verzögerte Anpassung einen Verstoß gegen das Abstandsgebot darstellen könnte. Allerdings wird nur pauschal behauptet, dass durch die lineare Anpassung keinerlei Abschmelzung stattfinden würde. Hier missachtet man vollkommen, dass die unterschiedliche Sonderzahlungsregelung Berlins Beachtung finden muss. Entscheidend (wenn auch nicht im systeminternen Vergleich) wäre eine Betrachtung der im Kalenderjahr tatsächlich für die Berliner Beamtenschaft erfolgten Erhöhungen, rückwirkend auch aufgrund der zeitlichen Abkopplung (willkürliche Augusterhöhung, Juni, April…) von den Tariflöhnen und auch z.B. der Bundesbesoldung (hier sei insbesondere das Stichwort Bundestreue genannt).
Im letzten Absatz wird die Notwendigkeit einer Prüfung des verfassungsrechtlich geforderten Mindestabstandes zum Grundsicherungsniveau wiedergegeben, die das BVerfG im Jahr 2015 manifestierte. Stellungnahme hierzu erfolgt auf der Folgeseite …
Seite 30 von 113:
Die auf dieser Seite aufgeführte „Begründung“ ist für ein rechtsstaatliches Land eine absolute Schande und das Papier nicht wert, auf dem diese Worte Niederschrift gefunden haben. Hier wird all das zusammengefasst, was vorher bereits von mir kritisiert wurde und gegen alle Grundsätze prozeduraler Anforderungen verstößt. Gerade die Juristen im Abgeordnetenhaus müssen spätestens jetzt eine Genehmigung dieses Gesetzes versagen.
Tatsächlich scheut man sich nicht davor hier kundzutun, dass aufgrund der Besoldungssteigerungen seit dem Jahr 2014 inklusive der Sonderzahlungen NICHT DAVON AUSZUGEHEN IST, dass der gebotene Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau nicht gewahrt wäre.
Es wurde nicht einmal der Versuch unternommen, eine Berechnung durchzuführen. In den Besoldungsgesetzen anderer Bundesländer und auch des Bundes wären hierfür Muster vorhanden gewesen. Auch der vorsitzende Richter des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf, Herr Dr. Stuttmann (der oftmals in den Urteilen des BVerfG zitiert wird) hatte Berechnungen durchgeführt, an denen man sich hätte orientieren können. Im Urteil des BVerfG aus dem Jahr 2015 für das Land Sachsen waren bereits einige Kriterien benannt, die man hätte heranziehen müssen, sofern man beabsichtigt hätte, einen annähernd verfassungsgemäßen Entwurf für ein Besoldungsgesetz zu entwickeln.
Man behauptet:
„Ausgehend von den obenstehenden Ausführungen zu den fünf vom Bundesverfassungsge-richt aufgestellten Parametern (BVerfG, a.a.O.) ist bei der vorliegend geplanten Anpassung der Besoldung und Versorgung auch im Jahr 2021 davon auszugehen, dass die vom Bundesverfassungsgericht genannten Anforderungen hinsichtlich der Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindex sowie des Verbraucherpreisindex, des systeminternen Besoldungsvergleiches einschließlich des gebotenen Mindestabstands zum Grundsicherungsniveau und des Quervergleiches mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder erfüllt sind.“
Selbstverständlich kann man „davon ausgehen“. Man könnte aber auch davon ausgehen, dass nichts davon erfüllt wird, denn es werden keinerlei Nachweise für eine Erfüllung oder Nichterfüllung erbracht. Das ist eine unglaubliche Farce, niedergeschrieben in einem „GESETZ“.
Weiterhin wird vollkommen ohne jeglichen Nachweis einfach nur behauptet, dass sich eine Verringerung der Abstände zwischen der Berliner Besoldung und der Besoldung der Länder und des Bundes ergeben hätte. Das ist schon dreist, zumal auch weiterhin der Abstand der Berliner Besoldung zum Bund die 10-Prozent-Marke zumindest teilweise trifft oder nur minimal unterschreitet, die als Indiz für eine verfassungswidrige Alimentation durch das BVerfG benannt wurde. Es kommt auf die Art und Weise der Berechnung an – insbesondere der Indexberechnung, der Berücksichtigung von Zulagen, ob man eine Besoldungsgruppe bzw. Besoldungsstufe herauszieht oder den Besoldungsdurchschnitt berechnet und insbesondere nur pensionswirksame Zahlungen berücksichtigt. Ebenfalls unberücksichtigt blieben die weit über der Tarifentwicklung durchgeführten Anpassungen auch in anderen Bundesländern, die bereits ab Januar eines Jahres erfolgten und die fast alle ein höheres Grundniveau aufweisen, als die Besoldung des Landes Berlin – ganz zu schweigen von höheren Zulagen und Sonderzahlungen (teilweise pensionswirksam), Attraktivitätszuschüssen und teilweise freier Heilfürsorge!!!
Niemand von den hier beteiligten verantwortlichen Personen und Politikern kann guten Glaubens der Auffassung sein, dass dieser zu Papier gebrachte Unsinn auch nur ansatzweise geeignet ist, die verfassungsrechtlich erforderlichen Grundvoraussetzungen, die prozeduralen Anforderungen, für ein Besoldungsgesetz zu erfüllen. Hoffentlich beendet das BVerfG diese unwürdige Farce und zwingt die Verantwortlichen endlich zur Beachtung von Recht und Gesetz!
Uns ALLEN alles Gute!
André Grashof – www.Berliner-Besoldung.de
Entwicklung der Gehälter der Vergleichsbranchen (Versicherung und IG Metall) zur Besoldungsentwicklung und den neu vom Statistischen Bundesamt an das BVerwG gemeldeten Daten „Nominallohnindex nach Bundesländern“
(Indexwert im Jahr 1991 bei 100,0) – Stand der Berechnungen: 19.10.2017 d. André Grashof
Rote Hervorhebung betrifft die Zahlenwerte, die die vom BVerfG vorgegebene 5 % – Hürde überschreiten
Jahr | Gehaltsindex
Versicherungen
% Index |
Nominallohnindex
Gem. Daten Statistisches Bundesamt für das Land Berlin |
Gehaltsindex
IG Metall
% Index |
Besoldungsindex
Festgesetzt jeweils zum Dezember % Index |
|||
1991 | 6,7 | 100,0 | 100,0 | 6,7 | 100 | 1,7 | 100,0 |
1992 | 4,2 | 104,2 | 111,0 | 5,4 | 105,4 | 6,0 | 106,0 |
1993 | 0 | 104,2 | 119,0 | 3,0 | 108,6 | 5,4 | 111,7 |
1994 | 2,0 | 106,3 | 122,4 | 2,0 | 110,8 | 3,0 | 115,1 |
1995 | 3,8 | 110,3 | 126,1 | 3,4 | 114,6 | 3,2 | 118,8 |
1996 | 1,9 | 112,4 | 128,1 | 3,6 | 118,7 | 0 | 118,8 |
1997 | 2,0 | 114,6 | 128,2 | 1,5 | 120,5 | 1,3 | 120,3 |
1998 | 0 | 114,6 | 130,2 | 2,5 | 123,5 | 1,5 | 122,1 |
1999 | 3,2 | 118,3 | 131,6 | 3,2 | 127,5 | 2,7 | 125,4 |
2000 | 2,5 | 121,3 | 132,4 | 3,0 | 131,3 | 0 | 125,4 |
2001 | 2,8 | 124,7 | 134,0 | 2,1 | 134,1 | 1,8 | 127,7 |
2002 | 3,5 | 129,1 | 135,2 | 3,1 | 138,3 | 2,2 | 130,5 |
2003 | 0 | 129,1 | 136,0 | 2,6 | 141,9 | – 4,47 | 124,7 |
2004 | 1,8 | 131,4 | 136,3 | 1,5 | 144,0 | 2,01 | 127,2 |
2005 | 1,3 | 133,1 | 136,5 | 2,0 | 146,9 | 0 | 127,2 |
2006 | 2,0 | 135,8 | 136,0 | 3,0 | 151,3 | 0 | 127,2 |
2007 | 1,0 | 137,2 | 136,9 | 4,1 | 157,5 | 0 | 127,2 |
2008 | 3,0 | 141,3 | 137,6 | 1,7 | 160,2 | 0 | 127,2 |
2009 | 1,6 | 143,6 | 139,2 | 2,1 | 163,6 | 0 | 127,2 |
2010 | 2,5 | 147,2 | 140,8 | 2,1 | 170,2 | 1,5 | 129,4 |
2011 | 3,0 | 151,6 | 144,7 | 2,7 | 167,0 | 2,0 | 132,0 |
2012 | 2,2 | 154,9 | 147,4 | 4,3 | 174,2 | 2,0 | 134,6 |
2013 | 3,2 | 159,9 | 149,4 | 3,4 | 180,1 | 2,0 | 137,3 |
2014 | 2,2 | 163,4 | 154,7 | 2,2 | 184,1 | 3,0 | 141,4 |
2015 | 2,4 | 167,3 | 161,3 | 3,4 | 190,4 | 3,0 | 145,6 |
2016 | 2,1 | 170,8 | 165,3 | 2,8 | 195,7 | 2,8 | 149,7 |
Quelle Versicherung: https://www.agv-vers.de/tarifpolitik/tarifvertraege.html (unter Downloads: PDF „Anhang Tabellen“)
Quelle IGM: https://www.gesamtmetall.de/sites/default/files/downloads/broschuere_-_tarifentgelte_1990-2017.pdf (Seite 32)
Besonderheiten: Unberücksichtigt blieben bei der o.g. prozentualen Entwicklung der Versicherungsbranche und der metallverarbeitenden Industrie sämtliche Pauschalzahlungen und Einmalzahlungen!!! Der Gehaltsindex bei den Versicherungen (und IGM) ist durch das Ansetzen des Stichtages im Jahr 1991 mit Index 100 nicht sehr repräsentativ, da gerade in den Jahren 1990 und 1991 Gehaltserhöhungen von insgesamt 12,7 % gezahlt wurden (bei IGM + 6,7 % im Jahr 1991), die hier vollkommen unberücksichtigt bleiben!
Bei einer real für das Kalenderjahr durchgeführten Besoldungsindexberechnung (Grundlage Besoldung A 12 – Beweismittel: Besold.nachweise), reduziert sich der Betrag im Jahr 2016 von 149,7 auf sogar nur noch 145,1!
Hallo,
ich habe eine Frage zu dem letzten Absatz im Urteilstext. Hier stellt das BVerfG klar, dass es nicht einer Klage oder eines schwebenden Widerspruchsverfahrens bedarf, um die Ansprüche von Richtern/Staatsanwälten begründbar zu machen. Es reiche ein eingelegter „Rechtsbehelf“ aus. Bedeutet das im Klartext, man hat auch Anspruch auf die Besoldungsjahre, in denen man lediglich einen Widerspruch einlegte, der dann auch abschließend vom Dienstherrn beschieden wurde und man nicht in eine Klage ging?
Ich denke gerade für uns Beamte wäre das wichtig, denn viele von uns haben -sicherlich in Unwissenheit der Rechtsmaterie- darauf gehofft, der Anspruch auf rückwirkende Zahlung ist gesichert, soweit man Widerspruch einlegte, auch wenn der negativ beschieden wurde. Ich selbst habe letztlich erst eine Klage für das Jahr 2015 angestrengt, die derzeit ruhend gestellt ist, jedoch fürdie Jahre zuvor meine Widerspruchsbescheide gesammelt, ohne in den Rechtsstreit zu gehen. Kannst Du da etwas zur Erläuterung beitragen?
Anhand des neuen Urteils BVerfG muss das komplette Gesetz überarbeitet werden.
Eine tolle Bewertung. Dank dafür.. Ich hoffe eure Mühe für die letzten Jahre wird von Erfolg gekrönt sein. Ich hoffe auf ein Fest, wenn alles vorbei ist.. Bringe Bier mit. [Berliner] 😉
Danke für die persönliche Bewertung.
Ich habe einmal die 113 Seiten überflogen.
Dabei stieß ich auf Seite 27 5. Absatz …“Diese Angleichung ……. nach Besoldungsgruppe A 5 bereits um 0,003 Prozent übertroffen.“
WOW, ich würde mich schämen diese Zahl niederzuschreiben.
Bei 2.500 € monatlich sind das tatsächlich 7,5 Cent!
Hallo TaxRanger,
mit der nächsten Anhebung der Grundsicherung (ist schon in Arbeit) sind die 0,003 Prozent hinfällig.
Ebenso verringert sich dann nochmals der Mindestabstand.
Danke für Deine ausführliche Bewertung. Der Berliner Senat wird rotzfrech immer so weiter machen wenn die Gerichte dem nicht endlich Einhalt gebieten. Leider haben auch viele Gewerkschaften viel zu lange das Gebaren mit unterstützt. Aber Ende gut alles gut. Ich glaube daran…..
Gruß und Dank
Hans