Die Bundes-, bzw. Länderbesoldungen sind untereinander nur noch schwerlich vergleichbar. So haben einige Länder 15 Besoldungsgruppen in der Besoldungsordnung A, andere haben die Besoldungsgruppen im einfachen Dienst vermindert. Auch die vom Bund vollzogene Reform bei der Erhöhung des Grundgehalts in bestimmten Zeitabständen, den sogenannten Stufen, sowie die Einführung von Leistungszulagen wurden nur von einem Teil der Länder übernommen. Zudem unterscheiden sich Bundes- und Landesbesoldungsgesetze in Höhe und Zeitpunkt von Besoldungsanpassungen sowie den Regelungen zu Sonderzahlungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld). (s. dazu u.a. auch: Statistisches Bundesamt, Verdienste im öffentlichen Dienst 2016/2017 – Anmerkung d. Uz: auch die Verweildauer in den einzelnen Stufen ist unterschiedlich in den Ländern)
Wie vergleicht man also Werte, die nur noch schwerlich vergleichbar sind? Wie errechnet man aus diesen Werten dann noch einen Durchschnittswert?
Hier ist ein Vergleichsbeispiel: http://oeffentlicher-dienst.info/beamte/vergleich/
Diese Berechnung zeigt auf, dass das Land Berlin als einziges Bundesland Deutschlands eine bis zu 7 %-ige negative Abweichung zu dem hier errechneten Durchschnitt aufweist.
Eine weitere Vergleichsberechnung erfolgt jährlich durch den DGB-Besoldungsreport.
Auch der Berliner Senat führt eigene Berechnungen durch, wobei interessant wäre, zu erfahren, welche Werte einfließen und wie der Berechnungsweg ist. In den „Berichten des Landes Berlin zur Umsetzung des Sanierungsprogramms 2012 – 2016“ wird unter Punkt 3.1.2 (bzw. 4.1.2) der Abstand zum Besoldungsdurchschnitt der Bundesländer mitgeteilt. Noch im fünften Bericht vom 29.04.2014 wird der Abstand mit 8,0 % angegeben. Im zehnten Bericht vom 06.09.16 ist er dann nur noch mit 5,0 % berechnet. Das mutet sehr mysteriös an, da andere Quellen belegen, dass die Entwicklung in Berlin kaum ausreichte, um eine Verkürzung des Abstands der Berliner Besoldung zum Länderbesoldungsniveau zu realisieren (z.B. aufgrund der Zahlung ab Januar eines Jahres in anderen Bundesländern und versch. Einmal- und Sonderzahlungen, die in Berlin nicht oder nicht in dieser Höhe erfolgten).
Auch ein wenig unerklärlich scheint eine Entwicklung z.B. zwischen dem achten und neunten Bericht zu sein. Hier wurde ein Rückgang von 6,5 % am 08.09.15 auf 6,0 % am 26.04.16 festgestellt. Ohne dass es in Berlin in diesem Zeitraum eine Besoldungserhöhung gab, schon aber in anderen Bundesländern, hat sich in Berlin der Abstand verringert? Das kann nur der Berliner Senat erklären.
https://www.berlin.de/sen/finanzen/haushalt/downloads/artikel.14511.php
Welche Werte / Kriterien müssen tatsächlich berücksichtigt werden?
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil sehr deutlich mitgeteilt, wie eine Besoldungsberechnung auszusehen hat, die man dann auch entsprechend vergleichen kann: Absätze 26 ff zum Urteil des BVerwG 2 C 49.07 verkündet am 20.03.2008 besagen u.a. folgendes:
„Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Hierfür ist bei aktiven Beamten die Summe der Besoldungsleistungen, bestehend etwa aus Grundgehalt in der Endstufe, Familienzuschlag, allgemeiner Stellenzulage, jährlicher Sonderzuwendung, Urlaubsgeld und etwaigen Einmalzahlungen, zu ermitteln. Von dem Bruttoeinkommen sind Lohn- und Kirchensteuer sowie der Solidaritätszuschlag abzuziehen (BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 – BVerfGE 99, 300 <321>). Zwar genießen einzelne Besoldungsleistungen wie etwa die jährliche Sonderzuwendung hinsichtlich ihres Bestands und ihrer Höhe keinen verfassungsrechtlichen Schutz. Als Berechnungsfaktoren für die Ermittlung des Nettoeinkommens kommt ihnen jedoch mittelbar verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Streicht oder kürzt der Gesetzgeber eine Leistung, so stellt sich die Frage, ob das dadurch verringerte Nettoeinkommen noch ausreicht, um den amtsangemessenen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Dies gilt auch für pauschale Selbstbeteiligungen an Krankheitskosten. Sie senken den Beihilfestandard dauerhaft gleichmäßig ab und verringern das Nettoeinkommen aller Beamten, denen beihilfefähige Aufwendungen entstehen.“
Daraus abgeleitet muss für einen konkreten Vergleich der Länderbesoldungen beachtet werden, dass DIESE Vorgaben einzuhalten sind! Die Zulagen und Einmalzahlungen sind in manchen Bundesländern erheblich und fester Bestandteil des dortigen Einkommens.
Kostendämpfungspauschale in Berlin, freie Heilfürsorge in anderen Bundesländern
Wichtig in diesem Urteil ist auch der Hinweis auf Sonderzahlungen und Kürzungen, die bei einem Vergleich durchaus zu berücksichtigen sind. In Berlin wurden nicht nur die Beihilfevorschriften zum finanziellen Nachteil der Beamten verändert, es erfolgte auch die Einführung einer Kostendämpfungspauschale. Hingegen gibt es in anderen Bundesländern z.T. freie Heilfürsorge für Beamte, die erhebliche Kosten im Krankenversicherungsbereich erspart, was zusätzlich berücksichtigt werden müsste (bei mir wären dies ca. 5 % des Grundgehalts!)
http://www.beihilferatgeber.de/beihilfe-heilfuersorge/heilfuersorge
Nicht zu vergessen sind auch Zulagenkürzungen, die in Berlin erfolgten und in die Berechnung einzufließen haben (z.B. ersatzlose Streichung Bewegungsgeld 396,00 €/Jahr).
Wirksamkeitsdatum der Besoldungserhöhungen von entscheidender Bedeutung
Die verschiedenen Inflationsraten der Bundesländer wie auch die unterschiedliche Belastung durch die immer weiter steigenden Mietkosten – gerade in Berlin – wirken sich erheblich auf die Kaufkraft der zu vergleichenden Besoldungen aus. Nicht zuletzt sind die Stichtage der Besoldungserhöhungen in den Bundesländern für einen Vergleich zu beachten. Berlin ist ohnehin das Besoldungsschlusslicht ganz Deutschlands, verringert aber zusätzlich die Besoldung im Kalenderjahr durch die erst zum Jahresende hin bewilligte Besoldungserhöhung. Dies wirkt sich finanziell negativ für die Berliner Beamten aus (z.B. Minus 1,74 % – punkte allein im Zeitraum 2010-2014 durch die erst jeweils im August gewährte Erhöhung – bestätigt durch Amt für Statistik Berlin-Brandenburg).
Abschließend müssen für einen Besoldungsvergleich Bundesländer, bei denen Verwaltungsgerichte bereits eine Verfassungswidrigkeit der Besoldung festgestellt haben, herausgerechnet werden, da sie wohl kaum für einen rechtmäßigen Vergleich herangezogen werden können. Auch dies verändert den Durchschnitt der Länderbesoldungen zum Nachteil für die Argumentation des Berliner Senats je nach Besoldungsgruppe noch einmal zwischen 0,5 bis 2 % (wobei es Ansichtssache ist, ob sämtliche klagenden Länder herauszurechnen sind). Absehbar werden diese klagenden Länder einen positiven Besoldungssprung erleben – wie damals auch das Land Sachsen – und damit den Besoldungsdurchschnitt der Länder erheblich nach oben verändern!
All dies zeigt deutlich auf, dass die vom Berliner Senat behaupteten nur 5 % Abstand zur durchschnittlichen Länderbesoldung weder die Realität abbilden, noch einer seriösen Berechnungsgrundlage entspringen können (insbes. unter Beachtung der vom BVerwG geforderten Kriterien).
Ein letzter Hinweis sei noch erlaubt: Auch der Deutsche Richterbund in Berlin berechnet, dass die Grundgehaltssätze durch die verspätete Zahlung kurz vor Jahresende nur um 1,04 % im Jahr 2017 und um 1,25 % im Jahr 2018 steigen (nur auf das Kalenderjahr bezogen). Derzeitige Inflationsrate in Berlin liegt bei etwa 1,8 % (Jan. – Mai 2017). Und so wird der Abstand zur durchschnittlichen Länderbesoldung verringert???
Mit besten Grüßen André Grashof
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